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Besuch aus Israel auf den Spuren der Vorfahren

„Wir möchten die Gräber unserer Vorfahren sehen, die im 19. und 20. Jahrhundert in Münster gelebt haben. Und es gibt ja auch noch weitere Spuren in der Stadt …“ Mit diesem Wunsch kamen vier Mitglieder der Familie Zoran-Katz aus Israel am 28. Juli 2023 nach Münster. Und wirklich konnten wir ihnen einiges zeigen …

Organisiert hatte den Besuch Bernhard Koch, ein Freund aus Düsseldorf, der die Familie bei einer Partnerstädte-Begegnung kennen gelernt und den Kontakt gepflegt hatte. Gisela Möllenhoff, die über mehrere Jahrzehnte die Geschichte der jüdischen Familien in Münster erforscht hat, und Marie-Theres Wacker, Vorsitzende des Vereins zur Förderung des Jüdischen Friedhofs Münster an der Einsteinstraße, begleiteten Avi Zoran und seine erwachsenen Kinder Gev, Bar und Shahar bei ihrer Spurensuche.

Zorans Urgroßvater Eliezer (genannt: Eli) Katz baute ab 1887 in Münster einen Fleischereibetrieb auf. In seinem Geschäft in der Bernhardstr. 12 bot er über einen langen Zeitraum koschere Fleisch- und Wurstwaren an, da er um 1900 der einzige jüdische Metzger in Münster war. Er verstarb 1935 und wurde auf dem Jüdischen Friedhof bestattet. Die Familie erwarb ein Doppelgrab, gedacht auch für die Ehefrau Nanny Katz. Die Tochter Emmy und der Sohn Walter gelangten nach einem landwirtschaftlichen Ausbildungsjahr (Hachscharah) mit einem Arbeiterzertifikat nach Palästina. Beide versuchten noch nach Ausbruch des Krieges, ihre Mutter Nanny Katz nach Palästina zu holen. Dies scheiterte, und Nanny Katz wurde zunächst nach Theresienstadt, von dort nach Treblinka deportiert und ermordet. Eine Inschrift auf dem Grabstein erinnert an sie.

Vor einigen Jahren wurde eine Straße nach Nanny Katz benannt. Familie Zoran besuchte das Neubaugebiet (früher das Quartier der Oxford- Kaserne) und begrüßte die Initiative der Stadt, hier an Bürgerinnen zu erinnern, die in der Shoah ermordet wurden. In der Bernhardstraße 12, am „Stammhaus“ der Familie Katz, wurden vor einigen Jahren Stolpersteine verlegt. Darunter ist auch einer für Nanny Katz. Bewegt erzählte Herr Zoran von Erinnerungen seiner Großmutter Emmy an die Zeit in Münster. Gisela Möllenhoff zitierte aus einem Brief, den Nanny Katz an ihre Tochter Emmy geschrieben hatte, als absehbar war, dass an eine Ausreise nicht mehr zu denken war: „Macht Euch keine Vorwürfe …“.

Die beiden Töchter und der Sohn, die ihren Vater begleiteten, befragten uns nach Antisemitismus in der Neuen Rechten in Deutschland. Sie äußerten ihr Befremden darüber, dass es in Deutschland nach der Shoah Antisemitismus geben kann. Sie entdeckten aber auch – überrascht und erleichtert – einen Aufkleber auf einem Regenfallrohr mit der Aufschrift „Antifa – no go for Hitler“.

Am Nachmittag war Familie Zoran zu Gast in der Villa ten Hompel. Andreas Determann, Geschäftsführer der Gesellschaft für Christlich-jüdisch Zusammenarbeit, führte sie durch die Ausstellungen. Abschließend äußerte Avi Zoran: „Der Besuch in Münster hat meine Erwartungen weit übertroffen. Ich bin sehr froh, dass ich mit meinen Kindern hierhergekommen bin.“

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Familie Zoran vor dem Straßenschild "Nanny-Katz-Weg" © Verein zur Förderung des zur Jüdischen Friedhofs Münster e.V.
Familie Zoran vor dem Straßenschild "Nanny-Katz-Weg" © Verein zur Förderung des Jüdischen Friedhofs Münster e.V.
Werbeanzeige der koscheren Fleischerei Katz von 1910
Werbeanzeige der koscheren Fleischerei Katz von 1910 © Slg. Möllenhoff/Schlautmann-Overmeyer, Dep. 446 in der Villa tenHompel, Münster
Grabstein für Eli Katz (geb. 3.2.1852 – gest. 31.1.1935) © Verein zur Förderung des Jüdischen Friedhofs Münster e.V.
Grabstein für Eli Katz (geb. 3.2.1852 – gest. 31.1.1935) © Verein zur Förderung des Jüdischen Friedhofs Münster e.V.