Willkommen

Der jüdische Friedhof an der Einsteinstraße in Münster ist ein zentraler Ort jüdischer Geschichte und jüdischer Präsenz in der Stadt Münster sowie für die Region des Münsterlandes und weit darüber hinaus. Hier ruhen Persönlichkeiten, die das Gesicht der Stadt mitgeprägt haben; hier ist die Blütezeit der Gemeinde im Kaiserreich und der Weimarer Zeit, ihr Abbruch durch die Deportationen 1941-43 und der Wiederbeginn ab 1945 an steinernen Zeugnissen ablesbar. Die Grabsteine, Inschriften und Gestaltungen des ab 1812 genutzten Friedhofs sind aber auch ein wertvoller Spiegel deutsch-jüdischer Kultur- und Sozialgeschichte.
Über mehrere Jahre wurde am Seminar für Exegese des Alten Testaments der Katholisch-Theologischen Fakultät in Kooperation mit der Jüdischen Gemeinde Münster eine Dokumentation dieses Friedhofs erstellt. Die Aufnahme der hebräischen und deutschen Inschriften der rund 400 Grabdenkmäler war dabei zentral, um die historisch wertvollen Angaben zu sichern.

Da es in Münster in auffallendem Unterschied zu zahllosen Gemeinden und Städten in Deutschland keine vollständige Dokumentation des jüdischen Friedhofs gab, wurde damit eine Lücke geschlossen und dieses bedeutende Kulturdenkmal einer breiteren Öffentlichkeit ins Bewusstsein gehoben.
Das Projekt hat nicht von ungefähr seinen Ort an einer Theologischen Fakultät. Die Grabstein-Inschriften enthalten nicht selten Rückbezüge auf Themen oder Formeln der hebräischen Bibel, des christlichen Alten Testaments, und sind damit ein Beispiel biblischer Wirkungsgeschichte. Zudem spiegeln die Inschriften ein ganzes Spektrum jüdischer Identität zwischen Traditionsgebundenheit und Assimilation an die christliche Mehrheitsgesellschaft und führen damit zu einem zentralen Thema jüdisch-deutscher Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, das auch für das 21. Jahrhunderts nichts an Brisanz verloren hat.

Dazu kommt, dass der Friedhof als Ort jüdischer Geschichte zwischen erzwungenen Abbrüchen und hoffnungsvollen Neuanfängen vor die Frage einer sinnvollen Erinnerungskultur stellt. Für die Katholische Theologie stellt die Erklärung „Nostra Aetate“ des II. Vatikanischen Konzils von 1965 noch einmal eine besondere Motivation dar: hier wurde eine grundlegende Neuorientierung der Katholischen Kirche im Verhältnis zum Judentum artikuliert. Der Auftrag dieser Erklärung, vom Judentum zu lernen, ist nach wie vor aktuell.
